Bijan Djir-Sarai

Ein kopfloser Rückzug wäre gefährlich

Djir-Sarai im Plenum

Sehr geehrter Herr Präsident/Frau Präsidentin,

meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

Afghanistan ist ein von Kriegen und Konflikten geprägtes Land. Seit dem Einmarsch der Sowjetunion 1979 kehrt dort keine Ruhe mehr ein, brutale Kämpfe um die Macht haben den afghanischen Staat in den folgenden Jahrzehnten vernichtet. Und spätestens seit den Anschlägen des 11. Septembers wissen wir, wie gefährlich gefallene Staaten sein können.  

Afghanistan war lange Zeit unter Kontrolle eines Terrorregimes. Ganze Generationen wissen heute nicht, was es bedeutet in einer stabilen Gesellschaft zu leben. Dass sich die Dinge in so einem Land nicht von heute auf morgen ändern, dass ein solcher Einsatz unsere Geduld und Kraft fordert – das halte ich für absolut nachvollziehbar. So wünschenswert ein schnelles Ende unserer Beteiligung auch sein mag, ein Abzug unserer Soldatinnen und Soldaten zum jetzigen Zeitpunkt wäre kopflos und gefährlich. Für die Menschen in Afghanistan, aber auch für uns in Deutschland und Europa.

Ich werde nicht müde zu betonen, dass die Flüchtlingskrise aus dem Jahr 2015 für uns alle eine Warnung sein muss. Die großen Krisen dieser Welt sind unmittelbar vor der Haustür Europas. Und wenn wir wollen, dass diese Probleme nicht zu uns kommen, sondern vor Ort gelöst werden, dann darf man in Deutschland nicht nur über Frieden und Stabilität philosophieren. Sondern man muss auch konkret als Teil einer internationalen Verantwortungsgemeinschaft handeln.   

Ich möchte auch noch einmal daran erinnern, dass wir uns nicht mehr hinter unserem engsten Partner, den USA, verstecken können. Die globalen Konflikte sind komplexer geworden und Deutschland muss lernen, nicht nur in Europa, sondern auch international mehr Verantwortung zu übernehmen.

Wir, die Fraktion der Freien Demokraten, haben in den Debatten um dieses Mandat verschiedene Kritikpunkte geäußert. Wir sind Teil der Opposition und könnten es uns heute sehr leicht machen und mit Nein stimmen. Wir sind aber eine verantwortungsvolle Opposition und wir stehen für Sicherheit und außenpolitische Verantwortung unseres Landes.

So haben wir mit großem Wohlwollen die endlich vorliegende und dringend notwendige Gesamtbewertung des Einsatzes in Afghanistan begrüßt. Nun ist wichtig, dass die Bundesregierung diese Bewertung regelmäßig fortsetzt und umfassend verbessert. Auch werden wir nicht müde, die Frage nach der Ausrüstung und Sicherheit unserer Soldatinnen und Soldaten zu stellen. Und wir werden auch ein kritisches Auge darauf haben, wie die vorgesehene Personalaufstockung erfolgen wird.   

Meine Damen und Herren, nach 17 Jahren Afghanistan-Einsatz ist eine strategische Veränderung des gesamten Einsatzes tatsächlich wichtiger denn je. Dabei muss nicht nur die Sicherheit im Vordergrund stehen, sondern die Vertiefung des Friedensprozesses und die Schaffung dauerhafter staatlicher Strukturen für einen afghanischen Staat. Die Probleme in Afghanistan wird man nicht mit militärischen Mitteln lösen, sondern noch wichtiger werden die zivilen Komponenten sein.

Im Gegensatz zu den Inhalten des neuen Irak-Mandates sehen wir in der Verlängerung der Beteiligung an Resolute Support die logische Konsequenz des bisherigen Einsatzes. Denn wenn sich Deutschland hier aus der Verantwortung stiehlt, versinkt Afghanistan weiter in Chaos, Korruption und Konflikten. Noch mehr Menschen werden versuchen, das Land zu verlassen.

Meine Damen und Herren, Deutschland kann die afghanische Regierung und die afghanischen Sicherheitskräfte mit diesem Mandat unterstützen. Letztendlich liegt es aber an der Regierung und an den Menschen vor Ort, den Fortschritt voranzutreiben und Reformen durchzusetzen. Jeder Ausblick auf Dialog und Stabilität ist ein Lichtblick in dieser fragilen Region.

Die Freien Demokraten sind gegen einen kopflosen Rückzug und werden daher diesem Mandat zustimmen.

Vielen Dank.