Bijan Djir-Sarai

Plenarrede: Aktuelle Stunde zu den Protesten in Iran nach dem Tod von Mahsa Jina Amini

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Mahsa Amini, eine 22-jährige junge Frau, wurde von der iranischen Sittenpolizei ermordet. Eine junge Frau, die ihr ganzes Leben vor sich hatte, wurde mit Gewalt aus dem Leben gerissen. Schuld daran ist ein Regime, das Menschenrechte mit Füßen tritt und die eigene Bevölkerung ohne Rücksicht auf Verluste unterdrückt.

Heute sehen wir auf den Straßen iranischer Städte mutige Frauen und Männer, die sich aus den Fesseln dieses grausamen Regimes lösen wollen. Für ihren Kampf für Menschenrechte, Bürgerrechte und Freiheit riskieren sie ihr Leben. Ihr Mut erweckt die Hoffnung, dass der Zusammenbruch der Schreckensherrschaft der Islamischen Republik möglich ist.

Es ist gut, dass der Deutsche Bundestag in einer Aktuellen Stunde über die Ereignisse im Iran öffentlich diskutiert. Wir hatten gestern eine wunderbare Demonstration am Brandenburger Tor, und ich kann hier nur wiederholen, was ich auch dort gesagt habe: Solidarität und warme Worte reichen nicht mehr aus.

Der Tod der 22-jährigen Mahsa Amini hat uns auf tragische Weise vor Augen geführt, dass wir eine fundamental andere Iranpolitik brauchen, meine Damen und Herren.

Während wir gestern hier im Deutschen Bundestag im Plenum diskutiert haben, haben iranische Drohnen, die Drohnen der Revolutionswächter, zivile Ziele in der Autonomen Region Kurdistan im Irak angegriffen. Europa braucht eine neue Iran-Strategie.

Wir können nicht ständig nur über ein Atomabkommen reden, während gleichzeitig im Iran seit vielen, vielen Jahren eklatante Menschenrechtsverletzungen stattfinden, meine Damen und Herren.

Viel zu lange ist die Europäische Union mit dem Iran einen naiven Kuschelkurs gefahren. Viel zu lange wurde zu eklatanten Menschenrechtsverletzungen immer und immer wieder geschwiegen. Diese beschämende Haltung muss ein für alle Mal ein Ende haben, meine Damen und Herren.

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Die Islamische Republik ist ein Feind unseres westlichen Wertesystems. Dieses Mullah-Regime wird mit aller Härte seine eigenen Interessen verfolgen. Es hemmt den Nahen und Mittleren Osten in seiner Entwicklung, bedroht die Existenz Israels und widerspricht jeglichem Verständnis von Freiheit und Demokratie. Die Islamische Republik Iran ist nicht nur für eklatante Menschenrechtsverletzungen im Iran verantwortlich, sondern auch für Menschenrechtsverletzungen außerhalb des Irans.

Deutschland und die Europäische Union müssen gegenüber der Islamischen Republik selbstbewusst und entschlossen auftreten. Eine Neuausrichtung der Iran-Strategie muss jetzt erfolgen. Um den Druck zu erhöhen, müssen wir personenbezogene Sanktionen gegen Vertreter des Regimes und Revolutionswächter offen adressieren.

Frau Ministerin, ich habe sehr aufmerksam dem zugehört, was Sie gesagt haben, und ich finde, Sie haben heute exakt die richtigen Worte gefunden. Ich bin Ihnen sehr dankbar für Ihre Rede. Denn dahin geht die Reise: Die Führung der Islamischen Republik muss wissen, dass die Weltöffentlichkeit nichts vergisst.

Alle Verantwortlichen, die im Namen dieses islamistischen Regimes Verbrechen begehen, müssen für ihre Handlungen zur Rechenschaft gezogen werden, meine Damen und Herren.

Die Freiheit im Iran liegt heute in den Händen von mutigen Menschen, die ihr Leben riskieren. Auf ihren Schultern ruht die Hoffnung auf eine bessere Zukunft – in Iran, im Nahen und Mittleren Osten und auf der ganzen Welt.

Meine Damen und Herren, ich musste 1987 den Iran verlassen. Das ist auch schon ein paar Tage her; das ist inzwischen 35 Jahre her. Ich war damals 11 Jahre alt. Ich habe mit meinen eigenen Augen Krieg und Menschenrechtsverletzungen im Iran gesehen. Wer am eigenen Leib erfahren hat, wie sich Unfreiheit anfühlt, wird sich tagtäglich und unter allen Umständen für Freiheit einsetzen. Das kann ich Ihnen an dieser Stelle versichern.

Der Name Mahsa Amini steht in diesen Stunden stellvertretend für den furchtlosen Kampf gegen ideologiegesteuerte und willkürliche Unterdrückung. Meine Damen und Herren, das sind nicht die üblichen Demonstrationen und Streiks, die wir derzeit im Iran erleben. Der Iran steht heute am Rande einer Revolution und das Mullah-Regime der Islamischen Republik am Rande des Zusammenbruchs.

Vielen Dank.