Bijan Djir-Sarai

Plenarrede zur Einrichtung eines Nationalen Sicherheitsrates

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Wenn wir hier und heute über die Notwendigkeit eines Nationalen Sicherheitsrates diskutieren, dann kommen wir nicht an dem aktuellen Kurs der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik vorbei. Ob Syrien, Libyen, Iran oder Türkei: Die Herausforderungen der Zeit sind nicht irgendwo auf der Welt, sondern sie sind unmittelbar vor der Haustür Europas. Wenn wir für diese Probleme keine Lösungen entwickeln, werden diese Probleme eines Tages zu uns kommen. Vor diesem Hintergrund muss jede Bundesregierung, egal von welcher Koalition sie getragen wird, in der Lage sein, präventiv, strategisch und abgestimmt in der Außenpolitik zu handeln.

In einer Zeit, in der die außen- und sicherheitspolitische Lage weltweit so unsicher ist wie lange nicht mehr, in einer Zeit, in der beinahe täglich neue Herausforderungen und Krisen entstehen, ist eine effektive und abgestimmte Krisenbewältigung wichtiger denn je. Dabei hat die deutsche und die europäische Außenpolitik immer noch kein Konzept für den Nahen und Mittleren Osten, noch immer kein Konzept für Ostasien, für China, keine Antwort auf die Krisen Afrikas und auch keinen Fahrplan für die Beziehungen mit Russland. Deutschland braucht endlich eine verantwortungsbewusste und kohärente Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik, ganz im Sinne des vernetzten Ansatzes, ein Gremium, das gemeinsam und umfassend die Sachlage analysiert und letztendlich mit klaren strategischen Zielen verknüpft und koordiniert.

Viel zu oft ist das Handeln in der Außen- und Sicherheitspolitik geprägt von Passivität und vor allem Orientierungslosigkeit. Viel zu oft scheitern vermeintlich sinnvolle Ideen, wie beispielsweise die Schaffung einer Sicherheits- und Schutzzone in Nordsyrien, an mangelnder Abstimmung innerhalb der Ministerien. Viel zu oft wird an dem sicherheitspolitischen Status quo festgehalten, ohne an die Veränderungen in der Welt zu denken.

Vor diesem Hintergrund fordern wir den sofortigen Ausbau des Bundessicherheitsrates hin zu einem ständigen, ressortübergreifenden Nationalen Sicherheitsrat. Hier sollen präventive, nachhaltige Strategien und Lösungen für die komplexen Herausforderungen unserer Zeit entwickelt werden. Deutschland kann es sich nämlich nicht leisten, immer wieder von neuen Krisen überrascht zu werden. Da geht es nicht nur um uns; es geht hier auch um eine Politik für die künftigen Generationen.

Der Kern eines Nationalen Sicherheitsrates wäre es, gemeinsame Antworten und Initiativen im Hinblick auf die Krisen der Welt zu entwickeln. Deutschland und die EU haben es jahrelang versäumt, außenpolitische Strategien und Handlungsansätze zu entwickeln. Einer der Hauptgründe dafür ist ja, dass Europa nicht in der Lage ist, in der Außen- und Sicherheitspolitik mit einer Stimme zu sprechen. Aber bevor man Europa dafür kritisiert, lohnt sich auch ein Blick nach Deutschland. Dieser Bundesregierung gelingt es ja nicht mal, eine gemeinsame Strategie für die Außen- und Sicherheitspolitik in Deutschland zu entwickeln.

Ich erwarte sowohl vom Verteidigungsministerium als auch vom Außenministerium, dass hier nicht nur kluge Reden gehalten werden oder kluge Gastbeiträge erscheinen, sondern dass auch konkrete Ideen umgesetzt werden. Dieses Jahr übernimmt Deutschland die EU-Ratspräsidentschaft. Da können wir uns nicht auf dieser passiven Rolle ausruhen. Wir müssen endlich eine proaktive Rolle in der Außenpolitik übernehmen, also nicht nur Ideen entwickeln, sondern auch Strategien der Umsetzung erarbeiten. Das gelingt nur durch ein vorausschauendes und abgestimmtes Vorgehen der Bundesregierung in allen Feldern der internationalen Politik.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.