Bijan Djir-Sarai

Plenarrede zum Thema Antisemitismus / jüdische Vielfalt in Deutschland

Djir-Sarai im Deutschen Bundestag

Die Bilder, die wir vor einigen Tagen bei den Demonstrationen in Deutschland gesehen haben, sind zutiefst schockierend. Wenn Menschen auf deutschen Straßen judenfeindliche Parolen skandieren, Israel-Flaggen verbrennen und Synagogen und jüdische Einrichtungen attackieren, dann erinnert das nicht nur an die dunkelsten Zeiten der deutschen Geschichte. Nein, dann haben wir in diesem Land ein echtes, ein reales Problem.

In Deutschland wird häufig über Antisemitismus und seine verschiedenen Ausprägungen diskutiert. Doch gleichzeitig scheuen sich viele, die Dinge tatsächlich beim Namen zu nennen.

Nicht nur ein Angriff auf Juden, sondern ein Angriff auf uns alle.

Es macht mich als Bundestagsabgeordneter und als Bürger dieses Landes zutiefst betroffen, dass in unserem Land noch immer Antisemitismus existiert. Mir erzählen jüdische Freundinnen und Freunde, dass sie oft Angst haben, als Juden erkannt zu werden, wenn sie von einem Parkplatz zum Gottesdienst in die Synagoge gehen. Es ist schockierend und beschämend, wenn sich Menschen jüdischen Glaubens in unserem Land nicht sicher fühlen.

Wir müssen als Politiker verstehen: Wenn Menschen jüdischen Glaubens auf der Straße – beispielsweise aufgrund ihrer Kippa – angegriffen werden, dann ist das nicht nur ein Angriff auf Jüdinnen und Juden, sondern ein Angriff auf uns alle. Es ist ein Angriff auf unsere demokratische Grundordnung, es ist ein Angriff auf unsere liberale Gesellschaft.

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Sinnvolle Integrationspolitik ist auch Vermittlung von demokratischen Grundwertenbeinhalten

Judenhass und antisemitische Gewalt müssen mit allen Mitteln bekämpft werden. Viel zu viele waren viel zu lange auf beiden Augen blind. Nicht nur in Deutschland, sondern auch in Ländern wie Frankreich, Großbritannien oderDänemark. Antisemitismus tritt manchmal laut und manchmal leise in vielfältiger Weise in Erscheinung. Er kommt politisch mal von links, mal von rechts, mal aus der Mitte der Gesellschaft – und manchmal auch aus allen Richtungen gleichzeitig. 

Die jüngsten – teilweise gewaltsamen – Ausschreitungen in Deutschland sind allerdings besonders dem muslimisch geprägten Antisemitismus zuzuschreiben. 

Wir sind ein weltoffenes und tolerantes Land. Es gibt eine Willkommenskultur in Deutschland. Wir müssen aber auch von den Menschen, die hierhin kommen, erwarten, dass sie unsere Werte akzeptieren, unsere Geschichte respektieren und die Konflikte der alten Heimat hinter sich lassen.

Meine Damen und Herren, wir sollten uns als Politik die Frage stellen, was die antisemitischen Demonstrationen der letzten Tage für unser Land bedeuten und wie wir damit umgehen. Integration muss künftig mehr sein als Sprache und Einbürgerung. Eine sinnvolle Integrationspolitik muss auch die nachhaltige Vermittlung von demokratischen Grundwertenbeinhalten.