Bijan Djir-Sarai

Plenarrede zur humanitären Katastrophe im Jemen

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren heute über die humanitäre Katastrophe im Jemen. Es ist gut, dass der Deutsche Bundestag diese Debatte hier führt, und es ist gut, dass die internationale Gemeinschaft diese Katastrophe nicht verdrängt.

Wie auch in Syrien und Libyen ist aus einem Bürgerkrieg ein Stellvertreterkrieg geworden, bei dem es um die Durchsetzung von Machtinteressen geht, Interessen, die keine Rücksicht auf über 200 000 Tote nehmen und für unendlich viel Leid und Elend sorgen.

Schon lange steht der ursprüngliche Konflikt zwischen den Huthi und der jemenitischen Regierung nicht mehr im Fokus der Betrachtung. Vielmehr sind die Rivalitäten zwischen Iran und Saudi-Arabien im Fokus der Auseinandersetzung. Aus dem Bürgerkrieg ist ein echter Stellvertreterkrieg geworden, meine Damen und Herren.

Nachdem die USA in der gesamten Region in den vergangenen Jahren ein großes Vakuum hinterlassen haben, ist es ein gutes Zeichen, dass der neue US-Präsident Biden in seiner außenpolitischen Grundsatzrede auch auf die Lage im Jemen einging. Gleichzeitig könnte es sich jedoch als nachteilig erweisen, dass er die Huthi zu schnell von der US-Terrorliste genommen hat. Zumindest lässt die zeitnahe Huthi-Offensive auf die Provinz Marib nicht vermuten, dass sie sich von diesem Akt des Entgegenkommens in irgendeiner Art und Weise beeindrucken lassen.

Meine Damen und Herren, wenn wir über die Lage im Jemen reden, dann müssen wir auch ganz klar über die Verantwortung Saudi-Arabiens reden. Wir müssen aber auch über die Verantwortung des Irans für diesen Konflikt reden; denn Teheran spielt in diesem Konflikt eine zentrale Rolle. Die Islamische Republik unterstützt die Huthi-Rebellen mit Waffen, Training und Milizen. Sie bedient sich damit der gleichen Strategie wie im Irak, Syrien und Libanon, wo sie mit Vehemenz versucht, ihre islamische Revolution zu exportieren. Was das in der Praxis bedeutet, sehen wir am besten im Iran selbst, wo das Regime die eigene Bevölkerung systematisch drangsaliert, foltert und ermordet.

Meine Damen und Herren, das Eingreifen fremder Staaten im Jemen muss endlich ein Ende haben. SaudiArabien hat durch die gemeinsame Grenze zwar legitime Sicherheitsinteressen. Das großflächige Bombardieren auch von zivilgesellschaftlichen Einrichtungen ist aber nichts anderes als ein grausames Verbrechen, meine Damen und Herren.

Der Beginn dieses Krieges wird sich auch in diesem Jahr jähren, ohne dass ein Ende dieser Katastrophe in Sicht ist. Regelmäßig wird berichtet, es gebe Grund zur Hoffnung, doch sie wurde immer wieder enttäuscht.

Ich wünsche mir von der Bundesregierung, dass sie gemeinsam mit europäischen Partnern, gemeinsam mit der neuen US-Administration und gemeinsam mit den Vereinten Nationen aktiv wird, damit dieser Krieg endlich beendet wird, meine Damen und Herren. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.